Unsere Fahrt nach Polen begann schon am Vorabend des ersten Tages. Wir packten in Lahnstein alles in unseren Bus und machten uns auf die 14-stündige Nachtfahrt nach Polen auf, erste Station: Auschwitz.
Tag 1
Wir kamen Samstagmorgen in der Begegnungsstätte „Zentrum für Dialog und Gebet“ an. Zuerst
bezogen wir die Zimmer und hatten einige Stunden Zeit zur freien Verfügung. Danach brachen wir
gemeinsam zum Stammlager auf. Nach einem kurzen Fußmarsch und einem Halt am Pilecki-Denkmal
kamen wir am berühmten Eingang mit der Aufschrift „Arbeit macht frei“ an. Dort bekamen wir eine
vierstündige Führung durch das Stammlager, bei der uns alles genau erklärt wurde, wir sahen die
Gefängniszellen in Block 11, die Todesmauer und verschiedene Baracken mit Ausstellungen zu den
dort verübten Gräueltaten. So wurden z.B. Überreste des Eigentums der zuletzt deportierten
Menschen gezeigt, darunter ein ganzer Raum voller Schuhe und Koffer der Ermordeten. Zum
Abschluss wurden wir noch durch das erste Krematorium von Auschwitz geführt. Abends im Hotel
konnten wir erst die Eindrücke etwas verdauen, uns nach den eiskalten Temperaturen wieder etwas
aufwärmen und für das Abendessen fertigmachen. Nach dem Abendessen hatten wir noch eine
freiwillige Gesprächsrunde mit Pfarrer Manfred, ein Geistlicher aus Aachen, der in Auschwitz lebt und
sich um die Verständigung der Völker bemüht, die den Ort besuchen. Im Laufe des Abends
entwickelte sich unser Gespräch mit ihm so weit, dass wir über die Frage nach Gott und der
Sinnhaftigkeit der Religion debattieren konnten. Nach einem anstrengenden Tag mit einer langen
Busfahrt, einer interessanten und für viele berührenden Führung durch das Stammlager von
Auschwitz sowie der Gesprächsrunde mit Pfarrer Manfred, die viele neue Impulse und
Denkanregungen gab, ging es endlich ins Bett. Der nächste Tag sollte nicht weniger interessant sein.
Tag 2
Nach dem Frühstück trafen wir uns um 9.30 Uhr vor dem Hotel und fuhren gemeinsam mit dem Bus nach Auschwitz-Birkenau. Dort wurden wir ebenfalls vier Stunden durch das große und weitläufige
Außenlager geführt. Dabei haben wir das Gräuel und das Leid nochmal mehr gespürt, das den
Menschen angetan wurde. Wir konnten mehrere Baracken von innen besichtigen, „Die Rampe“
entlang gehen und sind an den Ruinen der Krematorien II-V vorbeigekommen, in denen etwa eine
Million Menschen verschiedener Nationen ihren Tod gefunden haben. Nach der Führung kam der
Wunsch aus unserer Gruppe auf, den Heimweg von Birkenau zur Begegnungsstätte zu Fuß
zurückzulegen. Dabei sind wir an der „Judenrampe“ vorbeigekommen, über die bis ins Frühjahr 1944
die meisten eingetroffenen Juden nach Auschwitz gebracht wurden. Während des kurzen
Spaziergangs konnte man das Erlebte verdauen. Nach anschließender Stärkung hörten wir einen
Vortrag von Halina Jastrzebska zu Einzelschicksalen ausgewählter Auschwitz-Häftlinge, dazu zählte
etwa die Liebesgeschichte von Mala und Edek, die auch „Romeo und Julia von Auschwitz“ genannt
werden. Nach anschließendem Abendessen und einer abschließenden Reflexionsrunde zu dem
Erlebten in Auschwitz hatten wir Freizeit und konnten den letzten Abend in Auschwitz frei gestalten.
Tag 3
Am Montag ging es morgens mit dem Bus etwa 1,5 Stunden weiter nach Krakau. Dort angekommen
bezogen wir erst unsere Zimmer im Hostel und machten uns dann auf den Weg, Krakau kurz zu
erkunden. So sind wir am Wawel, der alten Königsresidenz Polens und dann dem alten Marktplatz
mit seiner prunkvollen Marienkirche und den Tuchhallen vorbeigekommen. Anschließend machten
wir uns auf zur Fabrik von Oskar Schindler und haben dort von der Zeitzeugin Stefania Wernik einen Vortrag zu ihrer Zeit in Auschwitz-Birkenau erhalten und durften am Ende auch viele Fragen stellen.
Sie ist im Lager Birkenau geboren worden, nachdem ihre schwangere Mutter im Frühjahr 1944 in
Gefangenschaft geraten war. Heute hat sie sich dem Ziel verschrieben, die Nachwelt über die Grauen
der NS-Zeit aufzuklären und möchte zukünftige Generationen vor solch großem Leid warnen. Aus
unserer Schülergruppe kamen viele interessierte Fragen an sie, die alle beantwortet wurden und uns
noch tiefere Einblicke in das Leid der damaligen Zeit geben konnte. Nach diesem sehr informativen
und persönlichen Gespräch durften wir Krakau auf eigene Faust erkunden. Einige SchülerInnen haben
sofort die heimische Küche ausprobiert, während andere sich von einem ihrer Mitschüler, der
polnisch sprechen kann und bereits in Krakau war, eine Sightseeing-Tour geben ließen, um die
Geschichte und die Sehenswürdigkeiten Krakaus besser kennenzulernen. Das Urteil zum Essen in
Krakau fiel durchweg positiv aus, auch konnten wir den restlichen Abend bis tief in die Nacht
genießen, bis wir alle wieder in der Herberge sein mussten, um am Morgen fit zu sein.
Tag 4
Am nächsten Tag sind wir nach dem Frühstück aufgebrochen und haben mit einem Fremdenführer
das jüdische Stadtviertel Krakaus, das „Kazimierz“ heißt, besichtigt. So haben wir die „Alte
Synagoge“, die älteste Synagoge Polens, dann die Remuh-Synagoge, Heimsynagoge eines bekannten
jüdischen Predigers, als nächstes den jüdischen Friedhof sowie die Überreste des alten Stadtteils
besichtigt. Die älteste Synagoge Polens ist keine Synagoge mehr, sondern lediglich ein Museum über
das jüdische Leben und die Lebensumstände der jüdischen Bevölkerung in Krakau und Polen. Zum
Abschluss haben wir noch einen Original-Drehort des Films „Schindlers Liste“ aufsuchen können.
Nach einem kurzen Snack ging es dann erneut zu Schindlers Fabrik, wo wir eine Führung durch das
Fabrikgebäude bekommen haben, das mittlerweile zu einem Museum umgebaut wurde. In diesem
konnten wir die Geschichte der Besatzung Krakaus nachverfolgen und haben dann Näheres über die
Person Schindler erfahren. Nach dieser sehr umfangreichen Führung hatten wir erneut Freizeit. Am
Abend hatte Frau Ernst einen freiwilligen Besuch im Klezmer-Haus organisiert, dem fast alle
Teilnehmer der Exkursion gefolgt sind. In diesem Restaurant im jüdischen Viertel bekamen wir zu
traditioneller jüdischer Musik ebenfalls traditionelles jüdisches Essen serviert. Im Anschluss ist erneut
eine kleine Gruppe aufgebrochen, um Krakau bei Nacht zu besichtigen.
Tag 5
Nach diesem anstrengenden, jedoch auch sehr interessanten Tag in Krakau war der Mittwoch wieder
etwas ruhiger. Nach dem Frühstück fuhren wir etwa vier Stunden mit dem Bus nach Kreisau, einem
200-Seelendorf in Niederschlesien nahe der deutsch-polnisch-tschechischen Grenze bei Breslau. In
diesem Dorf befindet sich die „Internationale Begegnungsstätte Kreisau“. Diese wurde auf
dem ehemaligen Gut der von Moltkes eingerichtet, da dort in den 1940er-Jahren die
Widerstandsgruppe „Kreisauer Kreis“ aktiv war und später 1989 der berühmte
Begegnungsgottesdienst Deutschlands und Polens stattgefunden hat. Der Kreisauer Kreis war eine
Widerstandbewegung während der NS-Zeit, die sich zur Aufgabe gemacht hatte zu ergründen, wie es
nach einem möglichen Sturz Hitlers weitergehen könnte, also welche Staatsform das Land haben soll
etc. Aus diesem Grund wurde dort auch 1989 der Versöhnungsgottesdienst abgehalten, bei dem sich
die damaligen Regierungschefs Helmut Kohl und Tadeusz Mazowiecki trafen, da der Ort einen
wichtigen Teil des Deutschen Widerstandes gegen das NS-Regime darstellt. Nach einer
unterhaltsamen Führung über das Gelände der Begegnungsstätte ging es zu unserer letzten Nacht in
ein nahegelegenes Dorf, in dem wir in einem kleinen Schlösschen schlafen konnten. Nach einer
abschließenden Reflexionsrunde konnten wir den Abend und die Fahrt gemeinsam ausklingen lassen.
Tag 6
Am letzten Tag der Exkursion mussten wir nach dem Frühstück im Schlösschen die drei Kilometer
zurück zur Begegnungsstätte nach Kreisau wandern, da der Bus (noch) nicht bewegt werden durfte.
Nach dem halbstündigen, aber erfrischendem Morgenmarsch fingen wir direkt mit dem letzten
Programmbaustein an, nämlich einem Workshop zum Kreisauer Kreis, bei dem die wichtigeren
Mitglieder der Organisation näher beleuchtet wurden. Nach diesem Baustein und anschließender
Stärkung in der Mensa ging es zurück in den Bus und auf die zehnstündige Heimreise nach Lahnstein.
So kamen wir am Donnerstag spät abends an - im Gepäck viele Erlebnisse und unvergessliche
Erinnerungen an eine außergewöhnliche Studienfahrt nach Polen, bei der wir Geschichte hautnah
erleben konnten.
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